Krieg gegen den Terror

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Der "Krieg gegen den Terror" ist eine militärstrategische Unmöglichkeit. Die militärische Bekämpfung bewirkt wegen der notwendigerweise hohen Zahl unschuldiger ziviler Opfer als "Kollateralschaden" vielmehr einen verstärkten Zulauf für den Terrorismus, also dessen Stärkung. Zahlreiche qualifizierte Stimmen sehen als einzig wirksame Strategie gegen den Terrorismus die politische Austrocknung der Unterstützerkreise. Der "Krieg gegen den Terror" wird auf WikiReal außerdem der rhetorischen Figur des Märchens zugeordnet als ein affirmativ vorgetragenes (unzutreffendes) Killerargument.

Aktuell

26.05.2017 Jeremy Corbyn, Chef der britischen Labour-Partei: "Der Krieg gegen den Terror funktioniert nicht."[1]
23.05.2017 ARTE: "9/11 Die Welt danach", Hintergründe und Fehlsteuerungen des "Kriegs gegen den Terror" (gesendet erst 2 Jahre nach der Produktion)
30.03.2017 Jürgen Todenhöfer zeigt am Beispiel Mossul, wie kontraproduktiv der Krieg gegen den Terror ist.[2]
09.2016 Brown Universität: US-Kosten des Kriegs gegen den Terror 5 Billionen US-Dollar.[3]
30.11.2015 Die Bundesregierung beteiligt sich ausdrücklich an dem "Krieg gegen den Terror" in Syrien, ein anderes Ziel für ihr Engagement kann sie nicht angeben.[4]
2015/16 Wiederholte Mahnung: Militärisches Vorgehen gegen den Terror ist kontraproduktiv: Jakob Augstein,[5] Sahra Wagenknecht,[6] Peter Vonnahme[7]


Präsident Bush spricht die Kriegserklärung aus für den "Krieg gegen den Terror". 20.09.2001 (youtube.com)

Wirksame Strategie gegen den Terrorismus?

Auf Wikipedia wird ausgeführt, dass heutige Terrorismusbekämpfung (wp) überwiegend militärisch erfolgt und zum Krieg gegen den Terror (wp) werden zahlreiche Hintergründe gegeben. Es wird auf Wikipedia aber keine Bewertung vorgenommen. Diese wird hier versucht. Beiträge sind willkommen.

Kann Terrorismus erfolgreich militärisch bekämpft werden?

Arte Dokumentation "9/11 Die Welt danach", 2015 (youtube.com) (ARTE 2015), Teil 1 "Die Kriegserklärung" + Teil 2 "Spirale der Gewalt" (ab Min. 52:21) Nach Warnung weiterklicken!
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Der Krieg gegen den Terror ist eine militärstrategische Unmöglichkeit. Terrorismus kann nicht wirksam militärisch bekämpft werden, da es keine definierten Fronten gibt und zwangsläufig große Kollateral-Schäden entstehen. Durch die hohen zivilen Verluste erhält der Terrorismus nur noch mehr Zulauf. Dies wurde wiederholt analysiert und veröffentlicht. Dennoch findet aktuell keine merkliche Diskussion dieser grundlegend falschen Strategie statt.

Karikatur Klaus Stuttmann (Quelle: stuttmann-karikaturen.de vom 30.07.2006, mit freundlicher Genehmigung)

US-Militärs hatten schon 1985 klar analysiert, dass Terroristen nur "wenig lukrative Ziele für einen konventionellen militärischen Angriff" abgeben und somit nur "Einzelaktionen" im Unterschied zu "anhaltenden Kampfhandlungen" unter der "grundlegenden Anforderung der Minimierung ziviler Opfer" erfolgversprechend erscheinen.[8] 1997 wurde festgestellt, dass militärische Vergeltungsschläge die Gewaltspirale antreiben: "Die Option, militärische Gewalt, also wiederum Terror, zu nutzen, um Terror zu bekämpfen, ist und bleibt eine schwierige Wahl."[9] Im Jahr 2000 wurden drei zur Vergeltung durchgeführte Anti-Terror-Luftschläge analysiert: 1986 in Lybien (militärisch "mäßig effektiv" mit hohem Kollateral- und außenpolitischem Schaden, aber einer dämpfenden Wirkung auf Gaddafis Terror-Aktivitäten), 1993 auf die irakische Geheimdienstzentrale (mit wenig Bezug und Wirkung auf den Terrorismus), 1998 auf al-Qaida-Ziele im Sudan und Afghanistan (mit zur Zeit der Veröffentlichung noch nicht abschätzbarer Wirkung). Für derartige "limitierte" Aktionen wurde festgestellt, dass militärisches Eingreifen unter "bestimmten Bedingungen" die "Eindämmung des Terrorismus" "unterstützen kann" aber den "Terrorismus nicht stoppen" kann.[10] Tatsächlich haben die Luftschläge von 1998 gegen al-Qaida die Anschläge vom 11.09.2001 in New York und Washington nicht verhindert. Vielmehr kommt 2006 eine US-Studie zu dem Ergebnis, dass militärische Vergeltungsschläge zum einen unbeabsichtigte negative Effekte bringen können aber vor allem einen statistisch signifikanten Anstieg der Terroranschläge auf die Länder bewirken, die die Vergeltungsschläge führten, und auf deren Verbündete.[11]

Erwartungsgemäß sieht die Bilanz bei einem breiten militärischen Vorgehen noch schlechter aus. 2011 wird in einem deutschen Übersichtsartikel resümmiert, dass "eine Methode der Gewaltanwendung (wie Terrorismus) nicht »bekämpft« werden kann" und man sich von dem "Kampfbegriff" "Krieg gegen den Terror" verabschieden sollte. Es "spricht vieles dafür, den Terrorismus in erster Linie in seiner kriminellen Dimension zu begreifen, auf welche vornehmlich mit polizeilichen und nachrichtendienstlichen Mitteln zu reagieren ist. Eine Kriminalisierung kann zu einer Delegitimierung der Akteure beitragen und gleichzeitig dem Risiko einer indirekten Selbstdelegitimierung durch Überreaktionen in der Auseinandersetzung mit jenen vorbeugen". Wenn "eine Flankierung dieser Maßnahmen mit militärischen Mitteln" erforderlich werde, so sollte es sich zur Vermeidung einer eigenen Deligitimierung "bei militärischen Maßnahmen vornehmlich um punktuelle und präzise Eingriffe unter Vermeidung von zivilen Opfern handeln".[12] Die militärische Präsenz vor Ort bietet eine große Angriffsfläche für Vergeltungsaktionen der Terroristen, auch Waffenlieferungen an Parteien, die gegen die Terroristen kämpfen, führen letztlich zu einer weiteren Versorgung der Terroristen mit erbeuteten und auf dem lokalen Schwarzmarkt verfügbaren Waffen. Die verheerende Bilanz des Kriegs gegen den Terror bestätigt sein vollständiges Versagen als militärische Strategie (siehe Folgeabschnitt).

Schon bei der Ausrufung des "Kriegs gegen den Terror" durch US-Präsident George W. Bush am 20.09.2001 war wesentlichen Verantwortlichen vollkommen bewusst, dass der Terrorismus nicht militärisch besiegt werden kann. So war Richard Armitage, damaliger US-Vize-Außenminister, gegen den Begriff, denn "man kann keinen globalen Krieg gegen Selbstmordattentäter führen". Wie auch Colonel Lawrence Wilkerson, der damalige Stabschef von US-Verteidigungsminister Colin Powell: "Ein Sieg war unmöglich, die Armee würde diesen Konflikt nie gewinnen können" (Arte 2016 Min. 22:10, 23:10). Dennoch wurde dieser Krieg erklärt und auch geführt und wird von den Verbündeten, auch Deutschland, unterstützt.

Bilanz des Kriegs gegen den Terror

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Laut einer Untersuchung der IPPNW belaufen sich die Opferzahlen von 2001 bis 2014 des "Krieg gegen den Terror" in Irak, Afghanistan und Pakistan geschätzt auf 1,3 Millionen Tote (IPPNW 2015). Auf einen getöteten Terroristen kommen rund 50 getötete Zivilisten.[6] Millionen Menschen wurden zu Flüchtlingen. Dieses Leid führt den Terroristen beständig Nachwuchs und Unterstützung zu. Vor dem 11.09.2001 hatte al-Qaida rund 400 überzeugte Anhänger, 15 Jahre später kämpfen weltweit Zehntausende militante Dschihadisten (ARTE 2015). Angesichts dieser Bilanz und des grundlegenden Denkfehlers in der Strategie erscheint der "Krieg gegen den Terror" als ein Prüfstein des intellektuellen Vermögens und der demokratischen Leistungsfähigkeit der westlichen Gesellschaften.[13]

"Schmutzige Kriege, Dirty Wars", Dokumentation von Jeremy Scahill zu verdeckten US-Operationen im Krieg gegen den Terror, 2013 (youtube.com, wp) Video von Youtube entfernt, auch nicht mehr als Kauf-Stream verfügbar.

Im Rahmen des Krieges gegen den Terror, machten sich die USA verschiedener Formen des Terrors schuldig, wie Geheimgefängnissen, Verschleppungen und Folter (wp). 36 Terrorverdächtige, die von US-Behörden gefangen gehalten wurden, sind nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen "dauerhaft verschwunden". Auch der Drohnenkrieg (wp) der USA in Pakistan im Rahmen des "Kriegs gegen den Terror" ist völkerrechtlich und militärstrategisch fragwürdig und wird von der betroffenen Bevölkerung als Terror empfunden. Auch haben die USA vielfach Terroristengruppen wie die Taliban oder den IS aktiv gefördert oder ließen etwa den IS gewähren,[14] weil es politisch opportun erschien. Die Analyse führt zu den vielen gegen Völkerrecht verstoßenden Kriegshandlungen der USA oder auch Israels als Ursachen des Terrors. Als wirksame Maßnahme gegen den Terror erscheint daher insbesondere die Stärkung des Völkerrechts.[15] Auch US-Präsident Obama sieht in dem Irak-Krieg die Ursache der Etablierung von Al Quaida (und in der Folge des IS) in der Region.[16] Der Chilcot-Report der britischen Regierung bestätigt die Interventionskriege im Nahen Osten als Hauptursache des Terrorismus.[17] Die deutsche Bundesregierung gibt bspw. für das deutsche Engagement in Syrien allein die Teilnahme am Krieg gegen den Terror als Ziel an.[4] Dennoch interessiert sie sich überraschend wenig dafür, wie hoch die Opferzahlen in diesem Krieg sind, sondern gibt ausdrücklich an, selbst bei eigener Kriegsbeteiligung "keine eigenen quantitativen Studien und Statistiken zu Opfern" zu führen.[18]

Kollateralschaden: Defekte Demokratie?

Die negative Bilanz des Kriegs gegen den Terror geht mutmaßlich über den Schaden auf den Schlachtfeldern der betroffenen Länder hinaus und betrifft das kriegführende Land selbst. So zeigt eine Analyse anhand der Typologien der "demokratischen Qualität von politischen Systemen", dass die US-Antiterrorpolitik in den Bush- und Obama-Jahren als "defekte Demokratie" oder sogar als "partielle Diktatur" eingestuft werden kann, wobei auch der Typus der "wehrhaften Demokratie" noch möglich erscheint (Dregger 2017). Damit zeichnet sich die Möglichkeit ab, dass eine Demokratie anhand des "Krieg gegen den Terror" ihre eigenen demokratischen Grundlagen aufs Spiel setzt. Selbst das einleitende Konferenz-Papier der Nato-akkreditierten "Centre of Excellence Defence Against Terrorism" (COE-DAT) weist darauf hin, dass der "Krieg gegen Terror" großteils zur "Erosion sowohl der Rechtsstaatlichkeit, der bürgerlichen Freiheiten und des Vertrauens der Bürger in die Regierung geführt hat" (Crelinsten 2016 S. 22 / Bl. 23).

Einzig erfolgreiche Strategie: Austrocknung

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Teil der offiziellen Strategie des Kriegs gegen den Terror ist die Austrocknung der Finanzströme des Terrorismus, wie sie in zahlreichen UN-Resolutionen und EU-Verordnungen gefordert wird. Diese wird auffälligerweise jedoch nur halbherzig betrieben.[19] Mindestens so wichtig ist aber die Austrocknung des Nachschubs an Personal für den Terrorismus. Sie würde den Terrorismus an der Wurzel bekämpfen.

Schon bei der Bekämpfung des RAF-Terrorismus in Deutschland wurde der Schluss gezogen, dass nur das Austrocknen des Sympathisantenumfelds den Terrorismus wirksam bekämpfen kann.[20] Zahlreiche Fachleute, analytische Journalisten und Politiker sind sich auch heute darin einig, wie die untenstehenden Zitate zeigen. Dies wird häufig begründet mit der Kontraproduktivität des militärischen Vorgehens und der verheerenden Bilanz des Kriegs gegen den Terror. Dagegen wird für die Wirksamkeit einer militärischen Bekämpfung keine logische Begründung angegeben. Insbesondere der soziale Nährboden für die Radikalisierung der jungen Männer mit Bildungsferne und Perspektivlosigkeit muss ausgetrocknet werden.[21][22] Gleichermaßen muss die argumentative Basis der Terroristen ausgetrocknet werden, sowohl in Bezug auf etwa unzulässige Interpretationen des Islam,[23] aber auch in Bezug auf die aus dem "Hunger nach Öl geborenen Interventionen und Freundschaften zu autoritären Regimen im Mittleren Osten" des Westens.[24] Hier müssten wir selbst uns den unangenehmen Wahrheiten stellen und unsere Hausaufgaben machen, um die dem Terror zugrunde liegenden Ungerechtigkeiten langfristig anzugehen.

"Wie starb Benno Ohnesorg", ARD-Dokumentation, 29.05.2017 (youtube.com).[25] Unangemessene Polizeigewalt und staatliche Willkür lieferten den "Funken" für die Entstehung des RAF-Terrorismus (laut Parker, siehe Text). Die Mittel, die Terror entstehen lassen, erscheinen schlecht geeignet, ihn wirksam zu bekämpfen.

In der Wissenschaft besteht schon seit längerem Einigkeit, dass Terrorismus erfolgreich nur mit einer asymmetrischen Strategie bekämpft werden kann. So schreibt 1993 der Terrorismusforscher Alex P. Schmid (Schmid 1993 S. 14): "Am Ende ist der Kampf zwischen Terrorismus und Demokratie ein Kampf um Legitimität. Und für demokratische Regierungen ist deren Aufrechterhaltung strategisch wichtiger als kurzfristige Siege durch taktische Sofortreaktionen. Diese können effektiv erscheinen, aber sie verwandeln die Demokratien in etwas, was dem terroristischen Gegner zunehmend ähnelt."[26] 2007 untersuchte Tom Parker (Parker 2007) "wie demokratische Staaten unbeabsichtigt die terroristischen Bewegungen erhalten, die sie bekämpfen". Er schlussfolgerte (S. 155): "Erfolgreiche Terrorismusbekämpfung schwächt die öffentliche Unterstützung für den Terrorismus und nicht erfolgreiche stärkt sie ... Bei der Begegnung mit dem Terrorismus ist die größte Herausforderung, auf die terroristischen Gräueltaten angemessene Reaktionen zu finden und beizubehalten."[27] Parker findet eine positive Korrelation zwischen unlegitimierten staatlichen Zwangsmaßnahmen und der Zunahme und Intensität von inländischem Terrorismus. In Deutschland hat laut Parker der Tod von Benno Ohnesorg im Juni 1967 in Folge von vollkommen unangemessener Polizeigewalt bei dem Besuch des persischen Schah den "Funken" gelegt, der aus sozialem Protest den Terrorismus auch der RAF entstehen ließ (S. 170, 172). Der Polizeigewalt und dem Nicht-Eintschreiten gegen "Prügelperser" ging eine regelrechte Hetze gegen die Studentenproteste durch die Springer-Presse voraus. Neuere Erkenntnisse zu dem Ausmaß der Vertuschungen um Ohnesorgs Tod stützen den Eindruck der Zeitzeugen von staatlicher Willkür, die zur Radikalisierung führte (siehe Doku rechts).[25]

Selbst das Nato-akkreditierte "Centre of Excellence Defence Against Terrorism" (COE-DAT) sieht die gewaltbasierte Strategie ("coercive strategy") kritisch, da es "bei den Zielgruppen zu Gegenreaktionen und Ressentiments führt, neue Missstände hervorruft und zu neuer Rekrutierung aufgrund neuer oder wiederbelebter Ursachen führt. Es setzt seine Hoffnung vielmehr in Strategien der Überzeugung ("persuasive strategies") (Crelinsten 2016 S. 22 / Bl. 23). Es fällt aber auf, dass hier die Strategie, die an den Wurzeln ("root causes") des Terrors ansetzt, nämlich den tatsächlilchen Ungerechtigkeiten, die den Terror befeuern, nicht weiter verfolgt wird.


Was ist dann der Hintergrund des Kriegs gegen den Terror?

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Angesichts der vernichtenden Bilanz des Kriegs gegen den Terror könnte ihm unterstellt werden, das eigentliche Ziel sei die Ausweitung der Terrorismus. Aber auch dies wäre mutmaßlich nur Mittel zum Zweck. Es fällt auf jeden Fall auf, dass der Krieg gegen den Terror ein enormer Wirtschaftsfaktor ist. Der Krieg gegen den IS wird von der Rüstungsindustrie als der "perfekte Krieg" angesehen, verbunden mit der Hoffnung auf einen "langen profitablen Krieg".[28] Die USA gaben bisher knapp 5 Billionen US-Dollar an Budget-Mitteln für den Krieg gegen den Terror aus.[3] Hierin enthalten sind auch Aufwendungen zur Stabilisierung der betroffenen Länder. Hinzu kommen die Ausgaben anderer Länder. Der Krieg gegen den Terror ist der Haupt-Treiber für die globalen Rüstungsausgaben, wobei die USA allein die Hälfte der weltweiten Rüstungsausgaben tätigen.[29] Nach der Grundfrage "Cui bono?" ist damit die Rüstungsindustrie als Hauptprofiteur des Kriegs gegen den Terror anzusehen. Es wird schon ein "Handelssystem" erkannt, das "vom permanenten Krieg gegen den Terror lebt".[30] Der Abgeordnete im Repräsentantenhaus und wiederholte Präsidentschaftskandidat Dennis Kucinich formuliert das ablaufende Verfahren so: "Mit Thinktanks in den lukrativen Krieg."[31] Schon 2001 wunderte sich der damalige französische Außenminister Dominique de Villepin, dass die Amerikaner keine Hilfe annehmen wollten: "Wir hatten das Gefühl, dass die USA ihre Repressalien bereits geplant hatten, aber die wollten sie lieber in Eigenregie durchführen" (ARTE 2015 Min. 16:55).

Gleichzeitig verursacht die fehlende logische Rechtfertigung dieser Kriege einen hohen Propaganda-Bedarf. So beschäftigte schon im Jahr 2009 das Pentagon 27.000 PR-Berater, um das Image der USA aufzupolieren.[32]


Krieg gegen den Terror: Rhetorische Figur des "Märchens"

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Der "Krieg gegen den Terror" wird auf WikiReal der rhetorischen Figur des Märchens zugeordnet. Dabei wird ein Sachverhalt grob vereinfacht und in eine überhöhte Sprache gebracht, um mit dieser Form eines ausgesprochen affirmativ vorgetragenen Killerarguments eine Diskussion gar nicht erst aufkommen zulassen.

Der Politologe Imad Mustafa kommt zu der Einschätzung, dass "der sogenannte »Kampf gegen den Terrorismus« die effektivste propagandistische Erfindung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist".[33]


Zitate

"Mit Krieg kann man Terror nicht schwächen." Sahra Wagenknecht, Tagesschau, 27.11.2015 (youtube.com)[6]
Die Bundesregierung führt den Krieg gegen den Terror. Ausschnitt aus der Bundespressekonferenz vom 30.11.2015 (youtube.com)[4]
"Der Krieg gegen den Terror funktioniert nicht." Jeremy Corbyn, 26.05.2017 (youtube.com)[1]
  • "Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird.
    Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein."
Friedrich Nietzsche, 1886[34]
  • "Terrorismus kann man nicht militärisch besiegen, sondern nur politisch austrocknen."
Ernst-Otto Czempiel, Politikwissenschaftler und Friedensforscher, 2003[35]
  • "Im Zeitraffertempo haben wir gelernt, dass man den Terrorismus weder militärisch besiegen noch dadurch erfolgreich bekämpfen kann, dass man die Justizgrundrechte zur Disposition stellt."
Jutta Limbach (12.2004), Justizsenatorin von Berlin und Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts bis 2002[36]
  • Die Antiterror-Kriege sind das "reinste Terrorzuchtprogramm".
Jürgen Todenhöfer, ehem. abrüstungspolitischer Sprecher der CDU, 23.07.2008[37][16]
  • Fern davon, sich selbst oder die Welt vor dem Terrorismus geschützt zu haben, müssen Länder wie Amerika oder Großbritannien bekennen, von ihm mehr bedroht zu sein, als je zuvor."
Simon Jenkins, 09.2015[38][39]
  • "Wer den Krieg gegen den Terror aufnimmt, hat ihn bereits verloren."
Jakob Augstein, Journalist und Verleger, 16.11.2015[5]
  • "Mit Krieg kann man Terror nicht schwächen."
Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende Die Linke im Bundestag, 27.11.2015 (siehe Video rechts)[6]
  • "Terror lässt sich nicht mit Krieg besiegen. Terror lässt sich nicht mit Bomben besiegen."
Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender Die Linke im Bundestag, 02.12.2015[40]
  • "Man kann grundsätzlich nicht terroristische Bewegungen mit militärischen Mitteln besiegen, mit Luftangriffen besiegen. Bei diesen Luftangriffen sterben jedes Mal Unschuldige und das ist dann wieder neues Rekrutierungsinstrument."
Michael Lüders, Politik- und Islamwissenschaftler, Wirtschaftsberater, 12.07.2016[41]
  • "Wie kann man den Sumpf austrocknen, auf dem Terrorismus gedeiht?"
Peter Vonnahme (Richter i.R.), 22.07.2016, in "Terror ist besiegbar"[7]
  • "Krieg gegen den Terror macht den Terror nur größer." "Die Terroristen haben sich vertausendfacht." "Terror kann man nicht einfach wegbomben."
Jürgen Todenhöfer, ehem. abrüstungspolitischer Sprecher der CDU, 01.04.2017[2]
  • "Die ganze Sinnlosigkeit der westlichen Strategien gegen den Terror ist atemraubend. "'
Jakob Augstein, Journalist und Verleger, 25.05.2017[42]
  • "Der Krieg gegen den Terror funktioniert nicht."
Jeremy Corbyn, Parteichef der britischen Labour-Partei, 26.05.2017 (siehe Video rechts)[1][43]
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Chronologie

30.03.2017   Jürgen Todenhöfer zeigt am Beispiel Mossul, wie kontraproduktiv der Krieg gegen den Terror ist.[2]
09.2016   Brown Universität: US-Kosten des Kriegs gegen den Terror 5 Billionen US-Dollar. Diese Kosten sind nur ein Teil der Gesamtkosten, aber doch "so hoch, dass sie fast unverständlich" wirken.[3]
30.11.2015   Die Bundesregierung beteiligt sich ausdrücklich an dem "Krieg gegen den Terror", ein anderes Ziel für ihr Engagement in Syrien kann sie nicht angeben.[4]
17.05.2010   Barack Obamas Regierung erklärt, nicht mehr vom "Krieg gegen den Terror" sprechen zu wollen.[44]
20.09.2001   US-Präsident George W. Bush erklärt den "Krieg gegen den Terror", 9 Tage nach den Anschlägen vom 11. September, in einer Rede vor dem Kongress.[45]
1985   US-Militärs: Terrorismus kann nicht erfolgreich militärisch bekämpft werden. Allenfalls Einzelaktionen könnten erfolgreich sein.[8]


Dokumente

Dregger 2017   Sebastian Dregger, "Wie der Krieg gegen den Terror ein politisches System verändert. Die USA auf dem Weg zur »defekten Demokratie«?", in: Förster, Lemke (Hrsg.), "Die Grenzen der Demokratie", 2017, S. 47-74
TEC 2016   NATO, Centre of Excellence Defence Against Terrorism, "Selected papers Terrorism Experts Conference (TEC)", 2016 (pdf coedat.nato.int)
Crelinsten 2016   Crelinsten 2016 Ronald Crelinsten, "A Comprehensive Approach to Counter-Terrorism: An Overview", 2016, in: (TEC 2016) S. 8-25 / Bl. 9-26
ARTE 2015   Arte F, Dokumentation "9/11 Die Welt danach", 2015, deutsche Erstausstrahlung 23.05.2017 (Video youtube.com oder hier oben)
IPPNW 2015   Internationale Ärzte für die Verhütung eines Atomkriegs (IPPNW), "Body Count", 03.2015 (pdf ippnw.de)
Parker 2007   Tom Parker, "Fighting an Antaean Enemy: How Democratic States Unintentionally Sustain the Terrorist Movements They Oppose", Terrorism and Political Violence, Bd. 19, S. 155-179, 2007 (tandfonline.com)
Schmid 1993   Alex P. Schmid, Ronald D. Crelinsten (Hrsg.), "Western responses to terrorism", 1993

Einzelnachweise

  1. a b c 26.05.2017, theguardian.com, "Jeremy Corbyn: the war on terror is simply not working" (Video youtu.be)
  2. a b c 30.03.2017, fr.de, "Terror kann man nicht einfach wegbomben". S.a.
    01.04.2017, news.de, "Krieg gegen den Terror macht den Terror nur größer"
  3. a b c Neta C. Crawford, "US Budgetary Costs of Wars through 2016: $4.79 Trillion and Counting Summary of Costs of the US Wars in Iraq, Syria, Afghanistan and Pakistan and Homeland Security", Brown University, 09.2016 (pdf watson.brown.edu)
  4. a b c d 30.11.2015, Bundespressekonferenz (Video youtube.com)
  5. a b 16.11.2015, spiegel.de, "Kolumne: Wir sind der Gegner"
  6. a b c d 27.11.2015, tagesschau.de, "Mit Krieg kann man Terror nicht schwächen"
  7. a b 22.07.2016, nachdenkseiten.de, Peter Vonnahme "Terrorismus ist besiegbar wenn wir umdenken"
  8. a b B.M. Jenkins, "International terrorism: The other world war", Project AIR FORCE Report, 1985 (pdf dtic.mil)
  9. Brittain P. Mallow (Lieutenant Colonel, U.S. Army), "Terror vs. Terror: Effects of Military Retaliation on Terrorism", The Industrial College of the Armed Forces National Defense University Fort McNair, Washington, D.C., 1997 (pdf web.archive.org / au.af.mil)
  10. Mark E. Kosnik, "The military response to terrorism", Naval War College Review 53.2, Spring 2000, S. 13-39 (search.proquest.com, iwar.org.uk)
  11. C. Lum, L.W. Kennedy, A. Sherley, "Are counter-terrorism strategies effective? The results of the Campbell systematic review on counter-terrorism evaluation research", Journal of Experimental Criminology, 2006 (pdf publicsafety.gc.ca), S. 29 f/Bl. 35 f
  12. Johann Schmid, Patricia Schneider, Martin Kahl, "Strategien zur Bekämpfung von Terrorakteuren und Aufständischen", Aus Politik und Zeitgeschichte 27/2011, 30.06.2011 (bpb.de)
  13. 08.02.2016, Anmerkung Christoph Engelhardt.
  14. 27.05.2015, n-tv.de, "Pentagon-Bericht enthüllt, USA ließen den IS gewähren"
  15. 11.02.2016, nachdenkseiten.de, "»Krieg gegen den Terror«: Was heißt das wirklich?"
  16. a b 30.04.2015, juergentodenhoefer.de, "Das Terrorzuchtprogramm". (Obamas Aussage zum Irak-Krieg als Ursache des IS am Ende des Videos.)
  17. 07.07.2016, theintercept.com, Glenn Greenwald "Chilcot report and 77 London bombing anniversary converge to highlight terrorisms causes" (deutsch auf actvism.org)
  18. 20.02.2017, blog.ippnw.de, "Der IPPNW-Body Count im Bundestag"
  19. 16.11.2015, fabio-de-masi.de, "G20: Terrorfinanzierung austrocknen"
  20. 23.11.2015, spiegel.de. "»Günther Jauch« zum Thema Terror: »Der Traum des IS ist es, gegen die USA am Boden zu kämpfen«"
  21. 09.05.2017, makroskop.eu, "Die Ursachen von Radikalisierung und was man dagegen tun kann – 1"
    19.05.2017, makroskop.eu, "Die Ursachen von Radikalisierung und was man dagegen tun kann – 2"
  22. 20.11.2015, zeit.de, "Aushungern, austrocknen, aushalten"
  23. 23.06.2015, zeit.de, "Mit islamischen Argumenten gegen den Terrorismus"
  24. 01.04.2017, zeit.de, "Wieder über die anderen Katastrophen reden"
  25. a b 29.05.2017, daserste.de, "Wie starb Benno Ohnesorg?" (Video youtube.com)
  26. "Übersetzung C. Engelhardt, original englisch: "Ultimately, the struggle between terrorism and democracy is one for legitimacy and maintaining the latter is strategically more important for democratic governments than winning short-term victories through tactical 'quick fixes' which might seem effective but turn democracies into something that begins to mirror the terrorist opponent."
  27. Übersetzung C. Engelhardt, original englisch: "Successful counterterrorism strategies erode popular support for terrorism and unsuccessful ones contribute to it ... when confronting terrorism, the greatest challenge of all is to adopt and maintain a measured response to terrorist outrages."
  28. 18.10.2014, faz.net, "Amerikanische Rüstungsindustrie, Die Hoffnung auf einen langen, profitablen Krieg"
  29. 11.06.2007, welt.de, "Krieg gegen Terror treibt Rüstung in die Höhe"
  30. Markus Bickel, "Die Profiteure des Terrors", 2017 ("Krieg+gegen+den+Terror" books.google.de)
  31. 03.11.2016, woz.ch, Dennis Kucinich, "Mit Thinktanks in den lukrativen Krieg"
  32. 12.02.2009, tagesanzeiger.ch, "27'000 PR-Berater polieren Image der USA"
  33. 22.01.2016, nachdenkseiten.de, "Der nützliche Feind"
  34. Friedrich Nietzsche, "Jenseits von Gut und Böse", 1886, Aph. 146
  35. Ernst-Otto Czempiel, "Weltpolitik im Umbruch: die Pax Americana, der Terrorismus und die Zukunft der internationalen Beziehungen" C.H.Beck, 2003, S. 8 f (books.google.de)
  36. Jutta Limbach, Essay "Terror - eine Bewährungsprobe für die Demokratie", 12.2004 (Original-Links nicht mehr verfügbar: bpb.de, tagesschau.de, Online-Kopie: tsarchive.wordpress.com)
  37. 23.07.2008, stern.de, "Bin Laden tötete weniger Menschen als Bush"
  38. Simon Jenkins, "Mission Accompished? The Crisis of International Intervention", 09.2015. Original Englisch im Epilog des Buchs: "Far from having protected themselves or the world from terrorism, countries such as America and Britain professed themselves more threatened by it than ever. There were new restrictions on civil liberty. Relations with Muslim populations across Europe deteriorated, alongside an upsurge in antagonism to the flows of immigrants fleeing the wars."
  39. 10.09.2015, theguardian.com, "Jaw-jaw is better than war-war"
  40. 02.12.2015, 142. Sitzung des Bundestags, Protokoll (pdf dipbt.bundestag.de), S. 13885 A / Bl. 19 A
  41. 12.07.2016, phoenixrunde, "Inside IS - die Diskussion", Min. 4:59 (Video youtube)
  42. 25.05.2017, spiegel.de, "Die Last des Terrors"
  43. 27.05.2017, heise.de, "Corbyn: »Der Krieg gegen den Terror funktioniert nicht«"
  44. 17.05.2010, sueddeutsche.de, "Bushs Kriegsrhetorik hat ausgedient"
  45. 20.09.2001, "Address to Joint Session of Congress", (Text about.com, Video youtube.com ab Min. 30:49)